Sonntag, 14. Juni 2015

Taichi Chuan, die Arbeit mit dem Hara




Exertitium  “Ad Integrum”


Taichi Chuan ist eine tausendjährige Disziplin, dessen anfängliches Ziel  es war der Philosophie des Taoismus durch die Bewegung eine Gestalt zu geben. Die Dimension des Taichi, welches ich lehre begründet sich auf folgendem Grundsatz: Während und anhand der Praxis beabsichtigt man eine tiefe Ebene der Seele zu erreichen, wo die Person frei von dem gesamten mentalen, persönlichen, kulturellen, sozialen und menschlichen System ist.


Es handelt sich nicht um eine Praktik, welche  auf dem Glauben basiert wie gewisse esoterische oder spirituelle  Bewegungen es fordern, der blinde Glaube: „Credo quia absurdum est“ denn dies würde das Praktizieren des Taichi erschweren. Der Praktizierende sollte eine hauptsächlich skeptische Haltung mitbringen.
Deswegen ist es notwendig die Ursprünge dieser Disziplin zu verstehen, die ich seit mehr als 25 Jahren  als Ergänzung zu meiner tiefenpsychologischen Therapie (Kurzform des Chen Man Ching) lehre. Heute lehre ich Taichi Chuan in der Verus-Klinik in Todtmoos.

Der Taoismus basiert auf zwei entgegengesetzten Lebensenergien welche harmonisch in Verbindung miteinander fliessen  sollten. Das Yin und Yang, obwohl sie entgegengesetzt sind, sollten  sich am Ende  harmonisch ergänzen.
Das Yin ist die passive, weibliche Energie , die Erde. Das Yang ist  die männliche, aktive, der Himmel. Bei jedem Schritt des Taichi wird das Fliessen der Yin und Yang Energien erlebt, Einatmung und  Ausatmung,  Entspannung und  Muskelspannung, rechts und links drehen , nach oben und unten ziehen, die Verlagerung  des Körpergewichts  und das hoch Heben. Man wird ständig  beide  Gehirnmeridiane gleichzeitig benutzen

Der Praktizierende sollte dank seines Ratios zuerst verstehen wie dieser Prozess funktioniert, bzw. seine mentale Ebene ist sehr wichtig , um sich mit dem Körper verbinden zu können:
Tai bedeutet überdimensional, enorm und Chi bedeutet Energie. Eine genaue  Übersetzung vom Chinesischen zum Deutschen  existiert nicht, deswegen könnte man sagen es ist unsere Lebensenergie,  “Elan Vital”, etc.
Das Taichi ist die  Disziplin, die auf körperlicher Ebene das Chi hervorbringt, durch das Erlernen und Praktizieren der Harmonisierung der beiden entgegengesetzen Energien  Yin und Yang,  die sich während des Übens  jedes Mal mehr in ergänzende Energien umwandeln sollen.

Unsere Psyche hat eine enorme  Auswirkung auf unseren Körper  und wenn deshalb diese tausenjährige Disziplin nur als körperliche Übung betrachtet wird, würde man  wieder den Fehler begehen, der im Westen über Jahrhunderte Bestand hatte: das heisst, den Körper von der Seele trennen, den Körper als Maschine ansehen, der zu funktionieren und Leistung zu erbringen hat, etc. , siehe das Buch „Hara“ von Dr. Graf Karlfried Dückheim. "Es handelt sich hier nicht um den Körper den wir haben, sondern um den Körper, der wir sind".


                                     
                                   Ricardo Silva Holland Rhododendron Park Bremen 2003



Das Taichi ist im Grunde eine Disziplin der Seele. Unsere Dualität ist existentiell, der innere menschliche Gegensatz kann man als die beiden Energien des Chi verstanden werden.So können wir sehen, dass das Yin in der analytischen Psychologie den Archetypus der  „Anima“ repräsentiert, also die Ergänzung der Weiblichkeit  in der Psyche der Männer. Yin sollte in einer  ergänzenden Weise zum Yang  fliessen, also zu dem  Archetypus des Animus, die  männliche Ergänzung der Frau. In der gleichen Weise sollen wir nicht nur physisch die beiden gegensätzlichen Energien überwinden, indem wir sie harmonisieren und sie umwandeln in Ergänzungen, sondern  ebenfalls unsere psychische Dualität bewältigen, indem wir die Gegensätze vereinen. Auf der physischen Ebene passiert dies, wenn der Kopf lernt zum Hara zu sinken, auf der anderen Seite, das Hara ist nicht nur körperlich, sondern auch eine psychische Instanz, die Carl Gustav Jung als das „Selbst“  benannte.

Tai Chi Chuan bezieht sich auf eine Abfolge von Schritten , um das Chi zu generieren und zu  sammeln,  aber man sollte  den Teil des Chuan berücksichtigen. Dieser letzte Begriff wird auf deutsch als Schatten übersetzt.

In der analytischen Psychologie ist die Arbeit mit dem Archetypus des “Schatten” wesentlich, da seine  Erkennung Teil des “Weges der Individuation “ ist. Auf diese Weise kann  man den Archetypus des  „Schatten“ verinnerlichen  und so in einem therapeutischen Prozess in konstruktive  und einigende Energie verwandeln.

Der Weg des Taichi Chuan geht durch das Erkennen des Hara durch die Ratio, auf körperlicher Ebene  durch das Praktizieren des Chi und durch eine psychische Instanz die Verwurzelung im Hara  und des „Selbst“ wo das Bewusstsein und das Unbewusstsein in Frieden und Harmonie sich ergänzend fliessen. Auf diese Weise wird das Tai Chi Chuan zum „Extertitium ad integrum“,  eine Übung auf mentaler und körperlicher, sowie  seelischer Ebene. Siehe Hara